Swisswool kannte man bisher vor allem als Isolationsmaterial in Ortovox-Jacken. Nun setzt der Woll- und Hartwarenspezialist die Schweizer Wolle erstmals in einem Rucksack ein - am Tragesystem. Franz Mösbauer war mit dem Peak 35 auf Skitour.
Die Testbedingungen
Franz Mösbauer
Tester Franz Mösbauer mit dem Ortovox Peak 35 auf Skitour im Engadin.
Bei für diesen Winter überraschend guten Verhältnissen und an einem Blue-Bird-Day sind wir im Engadin auf Entdeckungsreise unterwegs. Mit dabei ist der brandneue Ortovox-Rucksack Peak 35. Nach dem anfänglichen Waldgürtel warten nun freie Hänge und Powder. Der erste Teil ist bereits gut ge- und verspurt. Doch kurz vor dem ersten Gipfel verlassen wir die Spuren und nehmen die Ausfahrt ins unberührte Weiß. Die Landkarte zur besseren Orientierung ist durch das extra Kartenfach des Peak schnell bei der Hand und der Weiterweg klar. Nun ziehen wir unsere Spuren in die jungfräulichen Hänge. Das Spuren im finalen Gipfelhang wird doch noch zur schweißtreibenden Aufgabe. Aber die Abkühlung folgt am Ende des Hanges, denn hier bläst ein schneidig kalter Wind. Dank des umlaufenden Reißverschlusses muss nach den Skihandschuhe und der Regenjacke in den Tiefen des Rucksackes nicht lange gesucht werden.
Nach dem Aufsetzen fühlen sich trotz der schweißtreibenden Spurarbeit die Träger und der Vollkontaktrücken aus Schweizer Wolle angenehm trocken an – Schaf sei Dank. Auf den letzten Metern kommen die Ski kurz an den Rucksack, um bloß keine Abfahrtsmeter zu verschenken.
Mit der diagonalen Skifixierung sind die Latten sicher und schnell verstaut, so dass bald darauf das Gipfelpanorama im sonnigen Windschatten genossen werden kann. Bei der Abfahrt kann ich nun voll den Powder genießen, ohne mich mit einem wackelnden und rutschenden Rucksack herumzuärgern. Zurück am Auto dient der Peak 35, ohne Befürchtungen auf neue Löcher, als bequeme Sitzunterlage für den Schuhwechsel.
So verlief die Testwoche auf Skitour im Engadin mit dem neuen Ortovox Peak 35. Um es kurz zu fassen: Innerhalb dieser Woche hat mich der Rucksack voll überzeugt und begeistert!
Ausstattung des Ortovox Peak
Zwar ist die Peak-Rucksacklinie von Ortovox für Hochtouren konzipiert, doch lässt sich der Rucksack auch für weitere Spielarten des Alpinsports verwenden. Mein erster Eindruck des neuen Peak war jedoch erstmal gemischt. Für seine 35 Liter kam er mir recht groß und schwer vor. Für letzteres gibt es auch keine „Diät-Maßnahmen“. Doch nach einer näheren Entdeckungstour offenbarten sich seine Geheimnisse – vor allem in Kombination mit der Anleitung. Er wird aus robusten Materialien hergestellt und verfügt über viele praktische Details.
Franz Mösbauer
Die Ski können am Ortovox Peak 35 diagonal fixiert werden.
Robustheit und schnellen Zugriff auf möglichst alle Fächer. Sehr praktisch finde ich das Sicherheitsfach, in dem Schaufel, Sonde, Biwaksack und Erste Hilfe Set verstaut werden können – und sehr schnell erreichbar sind. Ebenso das von außen zugängliche Kartenfach. Wenn auch ein längerer oder weiter oben positionierter Reißverschluss den Zugriff etwas erleichtern würde…
Sehr positiv sind noch zwei weitere Details: der höhenverstellbare Deckel für ein variableres Volumen und die extralangen Gurtbänder, welche dank der Klettbänder nicht wild im Wind herumbaumeln. Leider ist weder der Deckel noch der Hüftgurt abnehmbar. Beides wäre beim Klettern von Vorteil. Aber auch wenn auf Hochtour die Materialschlaufen verdeckt sein sollten, befindet sich zusätzlich am linken Hüftgurt eine Materialschlaufe. Am rechten Hüftgurt ist darüber hinaus ein kleines Reißverschlussfach für Kleinteile, Riegel etc. positioniert.
Packen und Befestigen
Franz Mösbauer
Der Ortovox Peak 35 ist sehr hoch geschnitten. Über dem schmalen Hauptfach befindet sich das Sicherheitsfach.
Hauptfach ist verhältnismäßig schmal, da auch das Sicherheitsfach nicht zu weit nach hinten auftragen soll. Dies ist zunächst etwas ungewohnt, hat aber den Vorteil, dass der Schwerpunkt näher am Körper liegt. Ansonsten findet alles schnell seinen Platz. Lediglich den Schlüsselanhänger hätte ich mir an der inneren Deckeltasche gewünscht.
Gerade wenn der Rucksack leer ist, verstaue ich gerne den Deckel im Hauptfach, das mit dem Schneefang gut verschlossen werden kann. Dies ist beim Peak leider nur bedingt möglich. Durch den Schnitt klappt der Deckel nicht so leicht in das Hauptfach und der obere Riemen fixiert diesen zwar, bietet aber nur schlechten Schutz, zum Beispiel gegen einfallenden Schnee.
Interessant ist der über zwei Seiten verlaufende, leichtgängige und laminierte Reißverschluss, der einen schnellen Zugriff ins Hauptfach ermöglicht. Um den Reißverschluss vollständig öffnen zu können, müsste der Rucksack jedoch mit dem Rückenteil in den Schnee oder auf den Boden gelegt werden. Das ist Geschmackssache. Da der Reißverschluss auch über die „Stellfläche“ am Boden verläuft, hätte ich Bedenken, dass der Reißverschluss hier mit der Zeit beschädigt wird.
Manche Sachen sind natürlich besser außen am Rucksack aufgehoben. So finden zwei Pickel ihren Platz, wenn auch die Fixierung über Klettbänder mich wenig überzeugt (bei Schnee oder nach längerer Benutzung leidet bei Klettverschlüssen die Funktion) – bislang allerdings ohne tatsächliche Verluste. Diese könnten bei Bedarf auch leicht ausgetauscht werden. Über das mitgelieferte Zubehör wie Riemen und ein Netz finden Steigeisen und der Helm ihren zugeordneten Platz. Das Seil wird unter dem Deckel mit einem Gurt fixiert, welcher auch für die diagonale Skifixierung verwendet wird. Diese ist von Vorteil, wenn die Latten für die seitlichen Riemen zu breit sind. Und wenn man nur auf einer Latte unterwegs ist? An alles wurde gedacht, denn sowohl Snowboard als auch Schneeschuhe finden am Ortovox Peak 35 problemlos Platz!
Franz Mösbauer
Ob Steigeisen und Eisgeräte oder Pickel und Helm – die Ausrüstung lässt sich sicher außen am Rucksack verstauen.
Franz Mösbauer
Der komplett umlaufende Frontreißverschluss ermöglicht schnellen Zugriff auf das Innere des Ortovox Peak 35.
Besonderheit: Das Swisswool-Rückensystem
Franz Mösbauer
So sieht ein Rucksack-Rückensystem mit Swisswool aus. Alle positiven Eigenschaften von Wolle (gutes Feuchtigkeitsmanagement, schnelle Trocknung und Atmungsaktivität) kommen auch hier zum Tragen.
Mit der Peak-Reihe präsentiert Ortovox, bekannt für seine wolligen Materiallieferanten, eine Neuheit bei Rucksäcken: beim Swisswool-Rückensystem wird erstmals Schafwolle im Kontaktbereich des Tragesystems verwendet. Dies soll für ein perfektes Feuchtigkeits- und Klimamanagement und somit für ein angenehmeres Gefühl am Rücken sorgen. Auch die Haptik ist im Vergleich zu Rucksäcken anderer Hersteller sehr angenehm.
Auf Tour trägt sich der Peak 35 erwartungsgemäß komfortabel. Er macht alle Bewegungen brav mit, auch wenn mit Ski am Rucksack leicht geklettert wird. Auch mit der Extra-Last der Ski bietet das Tragesystem ausreichenden Komfort. Ob die Schafwolle auch bei wärmeren Außentemperaturen für einen angenehmen Tragekomfort durch eine höhere Wasseraufnahme sorgt, wird sich im Sommer zeigen. Auf schweißtreibender Skitour würde ich das innovative Tragesystem neutral mit positiver Tendenz bewerten, da das bei Rucksäcken häufig klamme bis nasskalte Gefühl beim Wiederaufsetzen ausblieb.
Insgesamt lässt sich der Peak 35 perfekt anpassen und schmiegt sich dem Rücken angenehm an. Super beim Telemarken oder bei schwungvollen Waldabfahrten!
Nachtrag vom 12. September 2016:
Endlich konnte ich den Ortovox Peak noch bei einer schweißtreibenden Sommertour testen. Die Zeit seit der letzten Skitour verbrachte ich fast nur auf dem Bike oder beim Sportklettern. Kinderfrei ging es mal wieder hoch zum Roß- und Buchstein. Angekommen an den Roßsteinalmen tropfte der Schweiß nur noch so auf das Oberrohr des Bikes. Sommer-Test-Szenario pur. Nachdem die Bikes abgesperrt wurden, kam der Rucksack wieder auf die Schultern. Die schafigen Swisswool-Kontaktflächen fühlten sich zwar feucht an, aber ein klammes Gefühl blieb größtenteils aus. Beim finalen Zustieg zu den Südwänden war alles schnell wieder auf Betriebstemperatur. Während des Kletterns blieb ausreichend Zeit, dass das Rückensystem wieder schön trocknen konnte.
Das große Aha-Erlebnis blieb bei mir, um ehrlich zu sein, jedoch auch im Sommer aus. Vielleicht bin ich da zu wenig sensibel? Dennoch begeistern mich das Tragesystem, als auch die Kontaktmaterialien immer wieder aufs Neue! Der Rucksack trägt sich rundum sehr gut, auch mit schweren Lasten, und der Swisswool-Rücken fühlt sich sehr angenehm an. Und abgesehen davon: In der 35-Liter-Version findet alles für einen Klettertag gut Platz. Zudem hat der Peak durch den höhenverstellbaren Deckel sowie diverse Fixiermöglichkeiten jede Menge Erweiterungspotential.
Fazit zum Ortovox Peak 35 im Test
Franz Mösbauer
Im Peak 35 findet alles Platz, was man für einen Klettertag braucht.
Wer auf der Suche nach einem puristischen, leichten Rucksack ist – vergleichbar mit dem Patagonia Ascent oder Black Diamond Speed – wird mit dem Ortovox Peak nicht glücklich.
Alle anderen sollten sich den Ortovox-Rucksack unbedingt genauer anschauen. Der Toploader vereint ein interessantes und überlegtes Konzept mit den Vorteilen eines Zip-Rucksackes und einem bequemen, flexiblen und robusten Design. Und tollen Farben!
Wanderungen und Biketouren. Prinzipiell spricht nichts gegen den Einsatz auf Klettertouren oder Klettersteigen. Hierbei stört mich nur die knappe Helmfreiheit und der nicht abnehmbare Hüftgurt für einen besseren Zugriff zu den Materialschlaufen des Klettergurtes. Doch genau dafür hat Ortovox ja auch die Trad-Linie im Programm!
Für Tagestouren mit nicht übermäßig viel Gepäck reicht die kleine Version des Ortovox Peak übrigens aus, für längere Touren ist die größere Version besser geeignet.
Zuletzt noch ein paar Daten gefällig?
- Verfügbar als Herrenversion mit 35 und 45 Liter sowie als Damenversion („Peak S„) mit 32 und 42 Liter
- Verschiedene Farben
- Verwendet wird rundherum das äußerst robuste Nylon 420D Manstar
- Gewicht: 1.500 Gramm
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