Eins muss ich gleich von Beginn an zugeben, ich gehe mit großen Erwartungen in diesen Test. Die NeoAir Uberlite steht bei mir schon seit dem letzten Jahr ganz oben auf der Wunschliste, der einzige Grund, warum ich noch gewartet habe? Therm-a-Rest hatte angekündigt, sein neues Aushängeschild unter den Ultraleicht-Matten ab 2020 mit dem innovativen WingLock Ventil auszustatten, ein Upgrade, das ich noch abwarten wollte. Nun endlich darf ich die Isomatte von meiner Wunschliste streichen und sie als lange erwarteten Neuzugang in meiner Ultraleicht-Trekkingausrüstung begrüßen. Ob die Uberlite wirklich der heilige Gral für gewichtsbewusste Trekker ist, erfährst Du in diesem Test.
Warum ich mich so sehr auf die Uberlite freue
Was ist nun das Besondere an der Uberlite, dass ich kaum erwarten kann, sie endlich auszuprobieren? Um diese Frage zu beantworten, reicht ein Blick auf die technischen Daten. In der Regular-Größe ist die Isomatte 183 cm lang, 51 cm breit, 6,4 cm dick und hat einen R-Wert von 2,3 (was nichts anderes bedeutet, als dass die Matte Bodenkälte bis ca. 0° Grad abhält). Klingt soweit gut, aber zwei Zahlen stechen so sehr heraus, dass man im ersten Augenblick denkt, es wäre ein Schreibfehler.
Trotz großer Liegefläche und guter Isolierung wiegt die Uberlite nach Herstellerangaben gerade mal 250 Gramm (!) und hat ein Packmaß von 15 x 9 cm (!). Das bedeutet, die Matte wiegt in etwas so viel wie ein Apfel und passt zur Not sogar noch in die Hosentasche.
Was ich mir von der Uberlite erwarte
Die Uberlite soll meine neue Go-to-Matte für alles werden, was das Outdoorleben zu bieten hat. Punkt. Therm-a-Rest setzt seit Jahrzehnten Maßstäbe was die Entwicklung von Schlafmatten angeht. Als erster Hersteller bauten sie eine selbstaufblasende Matte und entwickelten sie an die Grenzen des Machbaren weiter. Mit der NeoAir Serie kreierte Therm-a-Rest einen neuen Standard für isolierte Ultraleicht-Luftmatten und die Uberlite setzt dem Ganzen mit ihrem aberwitzig leichten Gewicht die Krone auf.
Aber hat die Uberlite diese Krone überhaupt verdient? Meine Erwartungen an die Matte sind sehr hoch. Ich bin gerne lange unterwegs, eine Wanderung am Wochenende endet gerne mal in einem spontanen Biwak und meine Urlaube verbringe ich meistens auf irgendeinem Fernwanderweg – natürlich kommt mir hier die handliche Uberlite sehr entgegen. Ich muss mich aber auf sie verlassen können, denn sie wird viel genutzt und muss sich unter verschiedenen Bedingungen behaupten.
Wie schafft es Therm-a-Rest die Uberlite so leicht zu machen?
Zum Großteil liegt das an der Triangular Core Matrix. Hinter diesem etwas sperrigen Begriff verbirgt sich eine patentierte Technologie, bei der zwei Lagen aus dreieckigen Kammern versetzt ineinander stecken. Dadurch soll die Uberlite eine hohe Schlafstabilität entwickeln, außerdem wird durch die verwendete Reflexionsfolie ein Wärmeverlust verringert.
Beim Außenmaterial kommt ein 15D starkes Nylon zum Einsatz, was sehr dünn klingt. Hier bin ich gespannt, ob ich genug Vertrauen in die Matte entwickeln kann, um sie auch auf lange Touren mitzunehmen. Produziert wurde die Uberlite, wie alle anderen Therm-a-Rest Matten auch, in Irland.
Eine Sache, die mich bisher immer von den NeoAir Matten abgehalten hat, war das recht einfache Ventil. Gerade bei einer Luftmatte mit Pumpsack kann das nervig werden, wenn einem die Luft, die man gerade reingepumpt hat, gleich wieder entgegenkommt. Das WingLock Ventil löst das clever, denn beim Aufpumpen hat es einen Gegenstopp, was bedeutet, dass die Luft auch drinnen bleibt. Fürs Ablassen muss man nur den Ventilflügel drehen und die Luft verlässt die Matte doppelt so schnell wie beim alten Ventil. Ich bin gespannt, ob das auch so funktioniert.
Erster Eindruck der Uberlight
Die Uberlite auszupacken, hat etwas von einer Matrjoschka-Puppe: Aus dem kleinen Versandkarton kommt ein noch kleinerer Verpackungskarton und darin liegt die winzige Uberlite. Während ich es normalerweise kaum abwarten kann, die Verpackung zu öffnen und das Produkt gleich ausgiebig zu begutachten, sitze ich verträumt vor der Uberlite in ihrem Packsack und bin begeistert. Ich probiere es aus, und ja, die Matte passt tatsächlich in die Hosentasche.
Bevor ich die Matte endgültig aus der Hülle hole, lege ich sie erstmal auf die Waage, denn Herstellerangaben und Realität stimmen selten überein. Auch hier gibt es leichte Abweichungen, so kommt die Matte nur ohne Pack- und Pumpsack an das offizielle Gewicht heran. Ohne alles wiegt die Uberlite 255 Gramm (Regular), der Packsack wiegt 10 Gramm und der Pumpsack 55 Gramm. Den Packsack lasse ich ohnehin zuhause, denn die Matte passt nämlich locker noch in den Packsack meines Schlafsacks; der Pumpsack dient mir als Liner für den Rucksack, durch die Doppelfunktion ist das Zusatzgewicht akzeptabel. Das Packmaß ist dagegen komplett richtig angegeben und tendenziell sogar eher etwas aufgrundet.
Das Material der Uberlite fühlt sich erstaunlich belastbar an, die Verarbeitung der Matte wirkt durch und durch hochwertig. Das neue WingLock Ventil ist komplett intuitiv bedienbar und macht, wie der gesamte Rest, einen stabilen Eindruck. Alles in allem erscheint die Matte deutlich robuster als das Gewicht auf der Waage vermuten lässt.
Praxistest – das Abenteuer vor der Haustüre
Aufgrund der Situation waren im Testzeitraum lange Touren leider nicht möglich, dennoch habe ich die Chance genutzt, die Uberlite bei jeder Gelegenheit zu testen. Statt auf große Reise zu gehen, bin ich häufig von der Haustür weg aufgebrochen, um hier und dort zu biwakieren. Dabei kann ich es mir nicht zuletzt durch die Uberlite erlauben, mit einem 20 Liter Rucksack loszugehen. Schon beim Packen wird mir eine Sache klar:
Ob am Stausee, in einem Unterstand oder auf der Wiese, das abendliche Ritual ist immer gleich, erstmal wird das Lager aufgeschlagen. Ich hole das kleine Päckchen aus Isomatte und Schlafsack aus dem Rucksack und bin begeistert, wie viel Unabhängigkeit ich mir mit so wenig Zusatzlast mitnehmen kann.
Das Handling der Matte ist so einfach wie intuitiv. Ich klicke den Pumpsack auf das geöffnete Ventil und drücke die Luft hinein, nach sechs bis sieben Ladungen ist die Matte voll. Je nachdem, wie prall ich sie haben möchte, kann ich noch kurz mit dem Mund nachpusten. So robust die Matte wirkt, lege ich dennoch eine Schutzfolie unter, denn Ultraleicht-Equipment ist kein Panzer. Außerdem kann sich ein spitzer Stein oder Ast selbst durch dickere Materialien durchbohren. Wer mit der Matte im Zelt schläft, kann sich so eine Unterlage natürlich sparen.
Auch wenn die Temperaturen tagsüber schon recht sommerlich sind, fallen sie in der Nacht auf ca. 5° Grad ab, für die Uberlite kein Problem, die Isolation hält locker stand. Und auch so schlafe ich ausgesprochen gut. Die ineinander gekeilten Dreieckskammern verteilen die Luft gleichmäßig und lassen mich stabil liegen, ein Schaukeln, wie es einfache Luftmatten häufig erzeugen, gibt es hier nicht. Außerdem ist die Uberlite angenehm leise. Bei frühen NeoAir Matten hat mich immer das starke Rascheln der Isolationsfolie gestört, aber bei der Uberlite ist in voll aufgepustetem Zustand und im Schlafsack davon nichts zu hören.
Am Morgen scheint es, als hätte die Matte etwas Luft verloren, was natürlich nur ein Trugschluss ist. Wer die Matte abends aufpustet, bläst in der Regel warme bzw. wärmere Luft hinein, die über Nacht abkühlt und sich zusammenzieht. Die Uberlite ist also nicht kaputt, sondern folgt einfach nur den Gesetzen der Physik. Apropos Luft rauslassen: Die Uberlite lässt sich schnell einpacken. Anders als bei selbstaufblasenden Matten muss ich nicht gegen Schaumstoff andrücken, sondern stelle das Ventil auf Ablassen, presse die Luft raus und packe die Matte wieder ein. Wenn die Uberlite nachher wieder in ihren Packsack soll, braucht es aber ein klein wenig Origami, um sie auf die richtige Breite zu bekommen. Wer es wie ich macht und den Packsack ohnehin zuhause lässt, ist schneller fertig.
Wann, wo und für was?
Ultraleichte Trekking- und Wandertouren – genau dafür ist die Uberlite gemacht. Nach einer ganzen Reihe Biwak-Abenteuern habe ich ein sehr großes Zutrauen in die Matte gewonnen. Ganz klar, wenn ich wieder zu längeren Touren aufbrechen kann, wird mich die Uberlite begleiten. Da die Matte trotz ihres Federgewichts keinerlei Einschränkungen in Bezug auf den Komfort hat und überraschend belastbar ist, gibt es für mich keinen Grund, für bestimmte Touren auf eine andere Matte zu gehen.
Dabei muss natürlich gesagt werden, dass die Uberlite mit ihrem R-Wert von 2,3 eine klassische Drei-Jahreszeiten-Matte ist. Damit ist sie nicht für den Winter geeignet und wenn Du eher verfroren bist, kann sie Dir vielleicht auch im frühen Frühjahr oder späten Herbst zu kühl werden (hier seien Dir dann die XLite oder XTherm aus der NeoAir Serie empfohlen).
Außer für Winterübernachtungen hat die Uberlite für mich keine Einschränkungen, was ihr Einsatzgebiet angeht. Wenn es Dir beim Trekking darum geht, Gewicht einzusparen, bietet Dir die Uberlite einfach ein kaum zu schlagendes Gesamtpaket. Aber auch wenn Du auf Fern- und Hüttenwanderungen nicht auf einen freien Platz im Matratzenlager spekulieren willst, kannst Du die Matte mitnehmen. Durch die Uberlite bleibst Du autark und dafür musst Du nicht mal arg viel mehr schleppen.
Testfazit
Die NeoAir Uberlite von Therm-a-Rest hat meine Erwartungen voll erfüllt und mich tatsächlich mit einer Robustheit überrascht, die ich ihr angesichts des Gewichts nicht zugetraut hatte. Zwar mag das Gewicht etwas über der offiziellen Herstellerangabe liegen, dennoch ist die Matte aberwitzig leicht und klein packbar, ohne dass Du auf eine komfortable Nachtruhe verzichten musst. Das gesamte Handling ist intuitiv, vom Aufpusten bis zum Einpacken geht alles leicht von der Hand. Als ultraleichte Schlafunterlage für drei Jahreszeiten überzeugt die Uberlite auf voller Linie.
Einzig vom Pumpsack bin ich etwas enttäuscht. Er funktioniert prima, ist aber in Relation zur Matte recht schwer und könnte in Bezug auf Material und Beschichtung hochwertiger verarbeitet sein. So wie er ist, erfüllt er die Doppelrolle als Liner nur bedingt. Aber das ist natürlich Meckern auf ganz hohem Niveau.
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