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Bouldern für alle!

Was ich beim Bouldern fürs Leben gelernt habe

4 Minuten Lesezeit
Was soll einen das "Arme langziehen" an bunten Plastikgriffen fürs Leben lehren? So einiges, findet Bergzeit Autorin Caro. In der neuen Kolumne erklärt sie, welche Lektionen sie aus dem Bouldern fürs Leben gezogen hat.

Zum Bouldern kam ich erst spät. Als mich vor etwa 20 Jahren das Klettervirus infizierte, war ich zunächst viel zu beschäftigt damit, ganz nach oben klettern zu wollen – am Fels und in der Halle gleichermaßen. Bouldern entstand dann eher aus der Not, wenn ich beispielsweise mal keinen Kletterpartner hatte oder verreist war und die Ausrüstung fehlte. Im Gegensatz dazu beobachte ich in den Hallen heute viele jüngere, stylische und sehr muskelbepackte Leute, die ausschließlich zu bouldern scheinen. Oder zumindest bis dato noch nicht geklettert sind.

Aber letzten Endes ist das auch egal: Ob Du Kletter-Veteran oder Fitnessfreak bist, Gesellschaftsboulderer oder leistungsorientierter Listen-Abhaker, Bouldern ist richtig genial. Das finde auch ich mittlerweile und gehe genauso gerne bouldern wie klettern. Und ich finde, dass mich das Bouldern viel fürs Leben gelehrt hat. Ich habe mich dabei jedenfalls definitiv weiterentwickelt – nicht nur in Sachen Muskelmasse.

Nicht aufgeben - eine wichtige Lektion, die nicht nur im Bouldern Gültigkeit hat.

Bergzeit

Nicht aufgeben – eine wichtige Lektion, die nicht nur im Bouldern Gültigkeit hat.


Nicht aufgeben

Erste Lebenslektion: Nicht vorschnell aufgeben. Zu anfangs habe ich Boulder, bei denen ich nicht weiterkam, schnell abgetan und mir leider einen leichteren gesucht – fürs schnelle Erfolgserlebnis. Irgendwann lernte ich aber, Boulder nicht so leichtfertig aufzugeben. Wenn genau die eine Stütz- und Hochgreifbewegung zum nächsten Griff nicht klappt, muss ich mir überlegen, was ich eventuell falsch mache. Manchmal helfen schon minimale Veränderungen – einen Zentimeter höher stehen, 5 Grad weiter zur Wand gedreht sein – um es doch zu schaffen. Manchmal muss man den Boulder vielleicht auch für den Moment sein lassen und kommt dann zwanzig Minuten später oder bei der nächsten Session wieder vorbei. Und dann geht’s plötzlich. Das ist ein unbeschreiblich gutes Gefühl.

Menschen sind verschieden

Nach einem komplexen Sitzstart kommst Du nicht weiter zum nächsten Griff, egal, was Du versuchst. Nach ca. acht Mal auf die Matte fallen wie ein nasser Sack bist Du eigentlich bereit, aufzugeben. Da kommt plötzlich jemand vorbei und löst den Start ganz anders. Vielleicht mit einem Hook. Oder Füßen, die ganz woanders platziert werden. Früher bin ich mit einer guten Freundin gebouldert, die wirklich jedes Problem anders gelöst hat als ich. Während ich großhenklig und Überhang liebe, „steht“ sie auf Stehprobleme und Minigriffe. Wie sie die hält, ist mir ein Rätsel – ihre Hand muss bionisch sein. Das Tolle daran ist aber: Wir konnten uns gegenseitig unglaublich viel weiterhelfen. Manche Moves konnte ich ihr zeigen, andere zeigte sie mir. Manchmal mussten wir natürlich auch feststellen, dass uns die Lösung des anderen nicht gelingt. Aber im Großen und Ganzen haben wir uns so gemeinsam hunderte von Bouldern erarbeitet.

Über Probleme sollte man reden

Das bringt mich auch schon zu meinem nächsten Punkt: Einfach mal fragen. Passenderweise heißt ein Boulder ja auch „Problem“. Wenn Du also jemanden beobachtest, der ein Problem, an dem Du immer wieder scheiterst, geschafft hat: Frag ihn doch einfach mal, wie er oder sie das gemacht hat. Die meisten Boulderer sind unglaublich hilfsbereit und freuen sich, wenn ihre „Expertise“ gefragt ist. Auch ich spreche manchmal Leute an, wenn ich sehe, dass sie irgendetwas nicht schaffen und ich die Lösung kenne. Natürlich freundlich und nicht von oben herab. Das Tolle beim Bouldern ist ja, dass es für jedes Problem x-beliebige Lösungen geben kann. Miteinander reden hilft auf jeden Fall immer.

Wenn Du anderen beim Bouldern zuschaust, wirst Du auf ganz neue Lösungsansätze kommen.

Bergzeit

Wenn Du anderen beim Bouldern zuschaust, wirst Du auf ganz neue Lösungsansätze kommen.


Wenn Du anderen beim Bouldern zuschaust, wirst Du auf ganz neue Lösungsansätze kommen.

Bergzeit

Mit den Stärken und Ideen der anderen kannst Du Dir so neue Boulder gemeinsam erarbeiten.


Sich auch mal was zutrauen

Ich geb’s zu: Manche Boulder liegen mir besser und die mache ich auch einfach lieber. Nichts destotrotz – oder gerade deswegen, fordere ich mich selbst aber auch immer mal wieder heraus, einen Boulder zu machen, der nicht unbedingt meinem Schema entspricht. Denn wie soll man besser werden, wenn man immer nur das tut, was man sowieso schon kann? Manchmal führt das zu Frustration („Hab’s doch gleich gewusst, dass ich das nicht schaffe!“), manchmal aber auch zu einem Erfolgserlebnis („Krass, hab ich das jetzt echt geschafft?“). Gezieltes an den Schwächen arbeiten kann einen zu einem besseren Boulderer machen – und auch im echten Leben sicherlich nicht schaden. Manchmal überrascht man sich dabei nämlich auch selbst.

Fazit: Bouldern & the next generation

Mittlerweile nehme ich auch meinen Nachwuchs mit in die Boulderhalle. Und staune über den Mut und die Selbstverständlichkeit, mit der mein sonst eher schüchterner 6-Jähriger mittlerweile an die Boulder herangeht. Seit neuestem steht er auf Überhänge und ist unglaublich stolz, wie stark er schon ist. Ich hoffe, dass auch er ein bisschen was „fürs Leben“ aus der Boulderhalle mitnimmt. Und wenn es nur ist, dass Bewegung Spaß macht.

Hast Du ähnliche Erfahrungen gemacht? Was hast Du beim Bouldern fürs Leben gelernt?

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