Prolog: Bau der Bayerischen Zugspitzbahn
Neueröffnung nach mehr als 80 Jahren
Ganze 84 Jahre lang hatte der damals zurückgelassene Eisenschrott Zeit, in der Wand in Ruhe vor sich hin zu rosten. Bis 2013 der Garmischer Bergführer Michael Gebhardt auf die Suche ging und den Tunnelbauersteig bis zum Tunnelfenster IV aus seinem Dornröschenschlaf weckte. Gleichzeitig erschloss er den Weiterweg zum Riffelgrat und damit die neue alte Route „Eisenzeit“ bis zum Gipfel der Zugspitze.
Aufgrund des fehlenden Schnees und des stabilen Wetters fiel auch unsere Wahl Anfang Dezember 2016 auf die „Eisenzeit“. Zugegeben: Kurz vor der Wintersonnwende mit ihren recht kurzen Tagen nicht ganz die optimale Zeit. Doch da wir wussten, dass die Verhältnisse aktuell gut und die Route gespurt war, machten wir uns zu viert auf den Weg.
Dem Alteisen auf der Spur
Am Parkplatz Eibsee wird noch kurz das Material abgestimmt – und schon kann es losgehen. Leider müssen wir feststellen, dass wir nur einen Helm für vier Köpfe dabei haben – was wir nicht zur Nachahmung empfehlen. So kommen wir zum ersten, blechernen Sprengbahnaufbau (bzw. Tunnelfenster I), dem Beginn des unteren Teils von „Eisenzeit“.
Franz Mösbauer
Franz Mösbauer
Von hier wird auf einem Band zum Gamseck in Richtung des Bayerischen Schneekars gequert. Immer auf der Suche nach historischen Überbleibseln in Form von vor sich hin rostendem Alteisen. Nach der Querung auf dem Band ist etwas Spürsinn erforderlich, um den richtigen, teils in den Fels gehauenen Steig zu finden.
Franz Mösbauer
Franz Mösbauer
Schon gerät der alte Strommast mit den beeindruckend großen Strahlern ins Blickfeld. Kurz davor erwartet uns das erste Schmuckstück der Tour, die „Harakiri-Leiter“. Spätestens dann, wenn die wackelige Konstruktion überwunden und die obere Fixierung auch nur flüchtig begutachtet wird, ist der Name Programm! Im Zweifel sollte man hier sichern oder die Leiter rechts im Fels umgehen. Bald darauf wird auch schon der alte Strommast erreicht.
Eisenzeit – eine Zeitreise in die 20er-Jahre
Bier als Verpflegung?
Frisch gestärkt – allerdings ohne Bier – treten wir den zweiten Teil der Tour an. Mit dem Verlassen des Tunnelfensters IV beginnt der neu erschlossene Teil der „Eisenzeit“. Das vorhandene, rostrote Metall weicht glänzenden Bohrhaken, die zur besseren Auffindbarkeit sogar mit Schlingen markiert sind.
Hin und wieder sorgt ein Blick ins Topo für mehr Sicherheit, sodass einem der ungebremste Vorwärtsdrang keinen Strich durch die Kletter-Rechnung macht. Im Wesentlichen folgt die gesamte Route einem recht logischen Verlauf – nämlich dem des geringsten Widerstands. Dennoch sorgt das Seil abschnittsweise für mehr Sicherheit bei besonders exponierteren Passagen.
Franz Mösbauer
Franz Mösbauer
Franz Mösbauer
Franz Mösbauer
Sicherheit geht auch in der Eisenzeit vor
Man könnte im Grunde komplett auf mobile Sicherungen verzichten, denn die notwendigen Stände und Zwischensicherungen bestehen aus soliden Bohrhaken. Vorsicht ist im Wettersteinkalk trotzdem geboten und ich würde jedem empfehlen, einen Satz Keile einzupacken. Zwar ist der Fels – zumindest da, wo hingelangt werden muss – durchwegs gut, doch gibt es genügend brüchige oder von Schotter bedeckte Passagen, bei denen Vorsicht angebracht ist.
Vorteil, zumindest innerhalb einer Gruppe: die Tour verläuft abschnittsweise diagonal. So fallen Steine meist ins Leere. In unserem konkreten Fall müssen wir uns Anfang Dezember dank des Schnees darüber sowieso keine Sorgen machen. Nach zwei Längen verschwindet das Seil wieder im Rucksack und weiter geht es in leichter Kletterei der kleinen „Headwall“ entgegen, die nach einem Schotter- bzw. Schneefeld nochmals für schöne Kletterei sorgt. Mit dem Erreichen des Riffelgrats liegt Teil 2 der Tour hinter uns.
Abseilen zum Höllental-Klettersteig: Finale der „Eisenzeit“
Vom goldenen Gipfelkreuz absolvieren wir nur noch betont lässig-elegant das kurze eisige Stück hinab zur Bergstation. Ein Stolperer wäre hier mehr als nur peinlich. Mit dem Betreten der Station werden wir schließlich wieder von der Zivilisation geschluckt…
Fazit zur Route „Eisenzeit“ auf die Zugspitze
Was bleibt ist ein Muskelkater im Oberschenkel vom langen Abstieg über den Stopselzieher zurück zum Auto und eine richtig schöne, abwechslungsreiche Kletterei auf die Zugspitze. Wie so oft sind zwar die nominellen Schwierigkeiten in der „Eisenzeit“ gering, das Verhängnisvolle liegt eher im Kleingedruckten.
Franz Mösbauer
Trotz der Bohrhaken ist das Prädikat „alpin“ absolut angebracht. Obwohl der Fels insgesamt brauchbar ist, liegen doch noch sehr viele kleinere Steinchen herum, die gerne mal herunterfallen. Zudem dürfte ein Rückzug nach dem Tunnelfenster IV aufgrund der raumgreifenden Quergänge nicht ganz einfach sein. Es gab wohl schon zahlreiche Rettungseinsätze, da die Tour unterschätzt wurde. Nicht zuletzt sind es vom Autositz zum goldenen Gipfelkreuz 2.000 Höhenmeter. Außer, ja außer man gönnt sich ein Biwak!
- Länge und Schwierigkeit: 1.200m, 4- (UIAA)
- Zeitbedarf: Zustieg 2 – 2,5 h, Tour 4 – 6 h, Abstieg 10 min (Seilbahn) – 3 h (über Stopselzieher und Wiener-Neustädter Hütte)
- Material: Je nach Seilschaftsgröße sollten 50 Meter Einfach- oder Doppelseil, ein kleines Keileset und 4-6 Expressen neben der Grundausstattung ausreichen. Für den Notfall und aufgrund des kompakten Felses können ein paar zusätzliche Haken nicht schaden!
- Topo: Eine sehr ausführliche Beschreibung mit zahlreichen Bildern und einem guten Topo finden Interessenten auf bergsteigen.com.
Einige wichtige Hinweise zum Schluss
Benötigst Du noch Kletterausrüstung?