Sellatürme, Piz Ciavaces, Cirspitzen – die Umgebung des Grödner Jochs gilt als echtes Eldorado für Kletterer. Auch Dolomiten-affinen Rennradlern ist das Joch mit Sicherheit ein Begriff. Dass das Gebiet in Südtirol auch für Bergwanderer zahlreiche reizvolle Touren in petto hat, gerät dabei zu Unrecht ein wenig in den Hintergrund. Im Folgenden stellt das Bergzeit Magazin drei Wandertipps für jeden Geschmack vor.
1. Umrundung der Cirspitzen
Wie Orgelpfeifen recken sich die Cirspitzen in den Himmel nördlich des Grödner Jochs. Klettersteig-Einsteiger können der Großen Cirspitze über einen einfachen Klettersteig (A) aufs Haupt steigen, wir umrunden die Kalkgipfel jedoch auf einer überaus schönen und abwechslungsreichen Wanderung.
Start der Runde ist das Grödner Joch. Hierher kommt man entweder per Bus oder per Auto. Ganz Fleißige starten direkt von Wolkenstein, wodurch sich die Tour aber um ca. zwei Stunden und rund 560 Höhenmeter verlängert (siehe GPS-Tracks). Alternativ kann man auch die Dantercepies-Seilbahn von Wolkenstein herauf nehmen und quert dann, leicht bergab, hinüber zur Jimmyhütte (s.u.).
Vom Grödner Joch nehmen wir den Weg 12A in Richtung Puezhütte, über den man in ca. 20 Minuten die Jimmyhütte (ehemals Clarkhütte) erreicht, ein schöner Holzbau mit einem beeindruckenden Panorama. Anschließend führt uns der Weg durch eine bizarre Felslandschaft hinauf zum 2.465 Meter hohen Cirjoch, dem Höhepunkt der Tour. Zeit für eine Pause – man sollte den Blick auf die Cirspitzen, die Umrahmung des Chedul-Tals, Pisciadù und zahlreiche weitere Berge ausgiebig genießen.
Kurz folgen wir noch dem Weg Richtung Puezhütte, ehe der Abstieg teils steil Richtung Chedultal und schließlich über eine Stufe hinab in das Langental führt, wo wir die St. Sylvester-Kapelle erreichen. Ein weiterer idealer Pausenort, gibt es doch hier einen erfrischenden Brunnen. In rund 30 Minuten erreichen wir von hier wieder Wolkenstein.
Eckdaten zur Tour:
- Länge: ca. 7,4 km (ab Grödner Joch); 10,6 km (komplette Runde)
- Höhenmeter: 380 (ab Grödner Joch); 940 (komplette Runde)
- Gehzeit: ca. 3 bis 3,5 h (ab Grödner Joch); 5 bis 5,5 h (komplette Runde)
- Anspruch: leicht (beim Start an der Bergstation der Seilbahn bzw. Grödner Joch), mittel (komplette Runde ab Wolkenstein)
- Start- und Endpunkt: je nach Fitness Grödner Joch (Bustransfer), Bergstation Dantercepies-Seilbahn, Wolkenstein
- höchster Punkt: 2.465 m (Cirjoch)
- geeignete Jahreszeit: Juni bis Oktober
- Einkehr: Jimmyhütte, Panoramahütte (nur bei Start in Wolkenstein)
Start am Grödner Joch:
GPS-Track herunterladen (per Rechtsklick und „Ziel/Link speichern unter“)
Start in Wolkenstein:
GPS-Track herunterladen (per Rechtsklick und „Ziel/Link speichern unter“)
2. Wanderung zur Puezhütte
Die Puezhütte liegt auf 2.475 Metern inmitten einer großartigen Dolomiten-Szenerie. Ein Besuch lohnt sich jedoch nicht nur wegen der Hütte selbst, sondern auch wegen des Zustiegs. Atemberaubende Ausblicke wechseln mit beeindruckenden Karsthochflächen ab, die Überschreitung mehrerer beeindruckender Jöcher verleiht der Route einen besonderen Reiz. Die ausgezeichnete Hüttenküche lohnt die Mühen des Zustiegs zusätzlich!
Wie bei Tour 1 starten wir entweder vom Grödner Joch selbst, von der Bergstation des Dantercepies-Lifts oder, für ganz hart Gesottene, in Wolkenstein. Das bedeutet wiederum zwei Gehstunden und etwa 560 Höhenmeter extra und damit mehr als 1.000 Gesamthöhenmeter.
Beim Start von der Passhöhe orientieren wir uns am Weg 12A zur Puezhütte. Wie bei Tour 1 kommen wir an Jimmys Hütte vorbei, wo man bei einer Erfrischung das Panorama genießen kann. Auf dem Cirjoch angekommen, orientieren wir uns weiter am Weg 12 (Dolomitenhöhenweg 2) Richtung Puezhütte und lassen die Abzweigung ins Chedul-Tal links liegen.
Durch eine beeindruckende Karstlandschaft führt der Weg hinauf zum Crespëinajoch (2.531 Meter), das eine beeindruckende Aussicht auf die Berge rund um den Puezkofel bietet. Mit etwas Glück hat der hoch gelegene Crespëina-See etwas Wasser, den wir auf der Querung hinüber zur Ciampëi-Scharte passieren. Schließlich erreichen wir nach etwa drei Stunden die Puezhütte, wo wir uns etwas Zeit für eine gemütliche Jause nehmen sollten.
Wer will, bleibt hier über Nacht und besucht am kommenden Morgen einen der einfacheren Gipfel in der Umgebung. Der 2.725 Meter hohe Puezkofel lässt sich zum Beispiel von der Hütte auf recht einfachem Steig in rund einer Stunde erreichen.
Nach dem Hüttenbesuch folgen wir noch kurz dem Dolomitenhöhenweg 2, ehe es auf dem Weg Nummer 16 durch lichten Bergwald hinab ins Langental geht. Weg Nummer 14 führt schließlich zurück zur St. Sylvester-Kapelle und, an der Burgruine Wolkenstein vorbei, zum Ausgangspunkt.
Eckdaten zur Tour:
- Länge: ca. 15,4 km (ab Bergstation Dantercepies); ca. 19 km (komplette Runde von/bis Wolkenstein)
- Höhenmeter: 595 (ab Bergstation Dantercepies); 1.200 (komplette Runde)
- Gehzeit: ca. 3,5 bis 6 h (ab Bergstation Dantercepies); 7 bis 7,5 h (komplette Runde)
- Anspruch: mittelschwer
- Start- und Endpunkt: je nach Fitness Bergstation Dantercepies-Seilbahn, Wolkenstein oder auch Grödner Joch (hierher Bustransfer)
- höchster Punkt: 2.531 m (Crespëinajoch)
- geeignete Jahreszeit: Mitte Juni bis Ende September (Öffnungzeiten Puezhütte: 20. Juni bis 30. September)
- Einkehr: Jimmyhütte, Puezhütte, Panoramahütte (nur bei Start in Wolkenstein)
Start an der Bergstation Dantercepies-Seilbahn:
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Start in Wolkenstein:
3. Überschreitung des Sellastocks mit Piz Boè
Der Sellastock sieht mit seinen Felsfluchten von weitem eher steil und abweisend aus. Er bietet mit den Sellatürmen, dem Piz Ciavaces, Langkofel und den Pordoispitzen ein echtes Eldorado für Kletterer mit Routen in allen Schwierigkeitsgraden.
Auch die hier beschriebene Bergwanderung ist nichts für Einsteiger, immerhin überschreiten wir den höchsten Berg des Sellastocks, den 3.152 Meter hohen Piz Boè. Trotzdem ist dieser stattliche Dreitausender verhältnismäßig einfach zu besteigen und die Tour kann bei Benutzung der Seilbahn auf den Sass Pordoi auf knapp über 800 Aufstiegshöhenmeter abgekürzt werden.
Auf dem Gipfel des Piz Boè thront mit dem Rifugio Capanna Piz Fassa übrigens die höchstgelegene Hütte der Dolomiten, auf der man auch übernachten kann. Eine Einkehr auf ihrer aussichtsreichen Sonnenterrasse ist in jedem Fall anzuraten. Ein Sonnenaufgang hier oben ist einmalig – allerdings wird in den Hochsommermonaten eine Reservierung empfohlen, denn der Piz Boè ist sehr beliebt.
Die hier beschriebene Route ist jedoch problemlos an einem Tag zu bewältigen. Sie startet am Pordoijoch, das vom Grödner Tal (Wolkenstein) mit dem Bus erreicht werden kann und endet am Grödner Joch, von wo die Rückreise wiederum per Bus erfolgt.
Routenbeschreibung
Gleich zu Beginn hat man die Qual der Wahl. Kürzt man mit der Seilbahn auf den Sass Pordoi ab und spart sich hunderte von Höhenmetern? Oder geht man die Überschreitung „by fair means“ an und steigt gleich zu Beginn den steilen Kehrenweg in die Pordoischarte (2.849 Meter) mit dem Rifugio Forcella Pordoi hinauf?
Wie man sich auch entscheidet – am Ende trifft der Weg in die Pordoischarte auf den Dolomitenhöhenweg 2, dem wir nun hinüber zu den Südaufschwüngen des Piz Boè folgen. Der Gipfel des wuchtigen Dreitausenders wird über Schutt und Bänder erreicht – hier ist mitunter etwas Trittsicherheit erforderlich. Auch kann sich die Höhe von immerhin 3.152 Metern bemerkbar machen.
Nach der Einkehr folgen wir weiter dem Dolomitenhöhenweg 2 Richtung Boèhütte und queren bizarre, öde Hochflächen, die aber immer wieder beeindruckende Tief- und Fernblicke bieten. Die Boèhütte selbst liegt in einer kalkweißen Mondlandschaft. Wer Zeit hat, kann auch hier für kurz oder länger verweilen. Schließlich passieren wir den Piz Antersas (er kann entweder überschritten oder auf einem Steig links umgangen werden) und wenden uns langsam dem nächsten Höhepunkt der Tour zu.
Über das Val de Tita wird schließlich der idyllische Pisciadù-See und die Pisciaduhütte erreicht, wo sich eine gemütliche Einkehr anbietet. Auch diese Hütte begeistert durch ihre traumhafte Lage unter den schroffen Felstürmen der Cima Pisciadù (2.985 Meter) und des Sas da Lech (2.936 Meter). Das Finale der Tour führt durch eine steile Felsflucht zwischen dem Brunecker Turm und dem Campidel-Turm – das Val Setùs – hinab zum Grödner Joch. Trittsicherheit ist hier Voraussetzung, Drahtseile erleichtern eingangs den Abstieg. Achtung: wer direkt zum Grödner Joch zurück möchte, sollte die Abzweigung nach links am unteren Ende des Val Setùs nicht verpassen!
Eckdaten zur Tour:
- Länge: ca. 9,5 km (ab Bergstation Sass Pordoi); 10,5 km (komplett ab Pordoijoch)
- Höhenmeter: 625 (ab Bergstation Sass Pordoi); 1.165 (komplett ab Pordoijoch)
- Gehzeit: ca. 5 bis 6 h (ab Bergstation Sass Pordoi); 7 bis 7,5 h (komplett ab Pordoijoch)
- Anspruch: mittelschwer (ab Bergstation Sass Pordoi); schwer (ab Pordoijoch)
- Start- und Endpunkt: je nach Fitness Bergstation Sass Pordoi oder Pordoijoch (hierher Bustransfer)
- höchster Punkt: 3.152 m (Piz Boè)
- geeignete Jahreszeit: Juli bis Ende September (Öffnungszeiten Capanna Piz Fassa: 20. Juni bis 27. September)
- Einkehr: Rifugio Forcella Pordoi, Capanna Piz Fassa, Rifugio Boè, Rifugio Pisciadu
Start auf dem Pordoijoch:
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Wanderführer und Karte zu allen drei Touren:
- Rother Dolomiten 1 Wanderführer
- Tabacco Wanderkarte Nummer 05: Val Gardena – Alpe di Siusi / Gröden- Seiseralm
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- Fotostory Dolomiten: Alta Via Nr. 2 von Feltre bis San Martino di Castrozza
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