Ein Gewitter im Gebirge ist imposant: der Regen prasselt in Strömen, Sturmböen ziehen über die Bergkuppen, Blitze zerschneiden hell und gewaltig die Wolkendecke und Donner dröhnt durch die Täler – hinter der schützenden Wand einer Berghütte ist das alles kein Problem.
Blöd nur, wenn man auf der falschen Seite der Fensterscheibe ist – dann wird es schnell gefährlich, lebensgefährlich. Denn so ein Blitz kann mehrere 100.000 Ampere stark sein. Und neben dem direkten Blitzeinschlag – also Blitz trifft Mensch – gibt es noch den indirekten Einschlag, nämlich: Blitz trifft Baum und überträgt sich von dort auf eine Person in der Nähe.
Die erste und oberste Regel für alle Bergliebhaber und Bergliebhaberinnen ist: Gut planen und gar nicht erst in ein Gewitter kommen!
Wenn es doch passiert: Ruhe bewahren! Eigenschutz (etwa Absturzgefahr) immer berücksichtigen und so schnell wie möglich einen möglichst sicheren Ort aufsuchen.
Auf möglichst isolierten Untergrund wenig exponiert mit Abstand zu hohen Gegenständen (Bäumen, Felsen) zusammenkauern.
Gewitter vermeiden: Planen & informieren
Für Bergsportler gibt es bei Gewittern und Unwettern eine gute und eine schlechte Nachricht:
Die gute Nachricht: Auf einen Tag sind die Wetterberichte heute bereits so gut und detailliert aufgelöst, dass der Bericht mit großer Wahrscheinlichkeit stimmt. Die schlechte Nachricht: Gewitter sind oft so kleinräumig, dass selbst ein Bergwetterbericht sie nicht richtig vorhersagen kann.
Es bleibt also an einem selbst hängen, Wetterfrosch zu spielen.
Die Basis aller Planung bildet trotzdem der Wetterbericht: Sagt er Gewitterneigung voraus, heißt es entsprechend kalkulieren: Da viele Gewitter durch die tageszeitliche Sonneneinstrahlung entstehen, bilden sich Unwetter oft erst mittags oder nachmittags. Deshalb solltest du Touren möglichst früh am Tag beginnen – und zur kritischen Phase schon längst wieder im Tal sein. „Früh“ bedeutet bei langen Touren auch mal: Wenn es noch dunkel ist! Ist dies nicht möglich, gilt es, die Route entsprechend auszuwählen: kürzere Touren mit schneller Abstiegsmöglichkeit ins Tal sind hier das Maß der Dinge.
- Tipp: Einen Wetterbericht, der speziell auf das Wetter in den Bergen zugeschnitten ist, findest Du zum Beispiel beim Deutschen Alpenverein. Hier geht’s zum Bergwetter-Service des DAV. Weitere Tipps und Bergwetter-Informationsquellen findest Du übersichtlich in unserem Beitrag Bergwetter – was muss man wissen?.
Daneben helfen auch die eigenen Instinkte gut weiter: Ist die Luft morgens kühl und frisch sind das gute Zeichen, ist es hingegen schon morgens warm und schwül-feucht, sind Gewitter wahrscheinlicher.
Wetterbericht und kühle Luft sind allerdings nur Anhaltspunkte, wichtig ist der regelmäßige und kritische Blick zum Himmel. Dort suchst Du nach den sogenannten Cumulonimbus-Wolken. Man erkennt sie relativ einfach, da sie sich weit nach oben ausdehnen und oben kleine Häufchen ausbilden, die an einen Blumenkohl erinnern. Auf der Unterseite sind sie meist flach. Kritisch wird es, wenn sich die Wolke im Laufe der Zeit immer weiter nach oben auftürmt, bis sie an eine Sperrschicht stößt und sich dort weiter horizontal ausbreitet. So entsteht die Form eines Ambosses. Das Fiese am Berg: Nicht immer hat man Sicht zu allen Seiten, oft versperren Wände oder Gipfel den Blick in diverse Richtungen.
Auch das Barometer einer Uhr kann ein Gewitter ankündigen, allerdings nicht immer. Es gibt Kaltfrontgewitter und Wärmegewitter. Bei einem Wärmegewitter steigt durch eine intensive Sonneneinstrahlung feuchte Warmluft in große Höhen. Bei einem Kaltfrontgewitter trifft feuchte Warmluft auf eine Kaltluftfront. Das Heranziehen dieser Kaltluftfront kann man durch einen schnellen Abfall der Werte am Barometer sehen. Außerdem wird diese Kaltluftfront oftmals im Wetterbericht erwähnt. Das Problem: Gerade die Wärmegewitter sind es, die im Sommer häufig zuschlagen und zwar schnell und äußerst regional begrenzt.
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Was also tun, wenn man von einem Gewitter in den Bergen überrascht wird? Für die häufigsten Bergsportarten hier ein paar wichtige Tipps:
Verhalten im Fall eines Gewitters beim Wandern und Bergsteigen
Die erste Regel lautet: sich in Sicherheit bringen.
Vergeude keine Zeit mit irgendwelchen Zählübungen, wie viel Zeit zwischen Blitz und Donner liegt. Wenn Du Donner hörst, musst Du handeln, Punkt.
Verwende lieber Deine geistigen Kapazitäten darauf, schnell und konzentriert exponierte Gebiete zu verlassen, also Gipfel, Grate und dergleichen.
- Versuche, nicht der höchste Punkt Deiner Umgebung zu sein. Auch einzeln stehende Bäume, Baumgruppen und Waldränder solltest Du meiden. Dem Blitz ist es übrigens total egal, in welches Holz er einschlägt. Buche, Birke, Eiche – er nimmt alles. Bist Du schnell genug, steige gleich ins Tal oder bis zur nächsten Hütte ab, funktioniert das nicht, suche Dir am besten einen sicheren Ort.
- Halte beim Gehen Abstand zu Wänden und nassen (Draht-)Seilen – und denke daran, dass nicht nur der Blitz gefährlich ist, sondern Du außerdem noch abstürzen oder Dich auf andere Weise verletzen kannst. Also behalte beim Rückzug die Kontrolle!
- Auch wenn noch nicht restlos geklärt ist, wie Blitze ihre Ziele „suchen“, ist eins sicher: Metall sollte man nicht am Körper tragen. Das gilt für Ski und Pickel, aber auch für Wanderstöcke. Sie alle können einen nahen Blitzeinschlag ankündigen, wenn sie anfangen zu vibrieren. Wirf sie in diesem Fall schnell ein paar Meter von Dir weg. Auch Steigeisen solltest Du für die Dauer des Gewitters ausziehen. Denk hier bitte trotzdem immer daran, dass Steigeisen und Pickel sicherheitsrelevant sind, also suche Dir eine Stelle, wo Du die Geräte gerade nicht brauchst, um sicher stehen oder gehen zu können.
Klettersteiggehen bei Gewitter?
Gratulation, Du hast den Jackpot geknackt: Du bist mit Deinem Klettersteigset in einem der größten Blitzableiter der Welt eingehängt.
Die erste und wichtigste Maßnahme für Klettersteiggeher bei Gewitter lautet daher: weg vom Drahtseil (was nicht ganz einfach ist).
Oft gibt es in Klettersteigen Passagen, in denen man herausqueren kann, es gibt Nischen, Notabstiege und Gehgelände. Denk dazu nicht nur an die Optionen über Dir, sondern auch an die unterhalb Deiner Position. Vielleicht war vor kurzem eine Gehpassage im Klettersteig, zu der Du wieder absteigen kannst? Rette Dich dorthin, und setz Dich soweit vom Seil weg wie möglich – mindestens einen Meter, besser drei Meter.
Natürlich musst Du Dich dazu ausbinden. Achte darum auf die Eigensicherung, ein Mini-Vorsprung über einem Abgrund, der nur einen halben Meter vom Drahtseil weg ist, kann sich ebenfalls als Falle erweisen. Bis Du an einem halbwegs sicheren Platz bist, heißt es: kontrolliert Gas geben! Und das nächste Mal denkst Du daran: Bei Gewitterneigung sind Klettersteige keine gute Idee. Wie Du Dich am sicheren Fleck verhältst, kannst Du weiter unten nachlesen.
Was kann ich beim Alpinklettern tun?
Alpinklettern ist bei Gewitter ähnlich problematisch wie Klettersteiggehen – vielleicht sogar noch ein bisschen gefährlicher: Ein Blitzeinschlag oben kann sich über weite Teile der Wand ausbreiten, Steinschlag verursachen und sich auch über das (nasse) Kletterseil übertragen. Und Pauseplätze, die nicht exponiert sind, gibt es kaum.
Die beste Möglichkeit beim Alpinklettern ist, frühzeitig vor einem Gewitter abzuseilen.
Denk auch daran, dass eine nasse Wand nach dem Gewitter sehr viel schwieriger zu klettern ist. Darum ist Abseilen in der Regel sowieso das Mittel der Wahl. Gelingt dies nicht rechtzeitig, kannst Du Dich vielleicht irgendwo auf einem Absatz zusammenkauern (Anleitung siehe unten), warten und hoffen.
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Was sollte ich beim Mountainbiken beachten?
Zwar bestehen die Reifen Deines Bikes aus Gummi, dafür fährst Du mit einem riesigen Metallkasten unter Deinem Popo durch die Gegend – nein, ein Mountainbike ist kein Faradayscher Käfig und darum bist Du auf dem Bike nicht gegen Blitze geschützt. Bei Gewitter gilt darum: Fahrt unterbrechen und mindestens drei Meter Abstand zum Bike halten.
Zelten bei Gewitter
Hier hängt es davon ab, an welchem Ort Zein Zelt aufgestellt ist. Mehr dazu erfährst Du im Beitrag Zelten bei Gewitter:
Was ist ein sicherer Ort und wie verhält man sich dort?
Nun haben wir erklärt, was gefählich ist – derhalb ein Blick darauf, was mehr oder weniger sicher ist:
- Die sichersten Ort sind Berghütten, Schuppen oder Biwakschachteln mit Blitzableiter. Besitzt die Unterkunft keinen Blitzableiter, sollte man zu Wänden und Decke mindestens einen Meter Abstand halten. Steht keine menschengemachte Behausung zur Verfügung, bieten auch Höhlen, Plätze unter Felsvorsprünge oder Wandfüße einigermaßen Sicherheit vor Blitzen – wenn auch vielleicht nicht vor Steinschlägen.
- Nicht nur Direkteinschläge sind gefährlich. Auch Blitze, die woanders einschlagen und sich von dort ausbreiten und Dich treffen, können lebensbedrohlich sein. Um nicht Teil einer solchen Übertragung zu werden, solltest Du nicht im Wasser bzw. im Nassen stehen (Stichwort matschige Wiese) und zu jeder Seite von Felswänden und zu anderen Personen mindestens einen, besser aber drei Meter Abstand halten.
- Und da Blitze sich nicht nur über weite Entfernungen ausbreiten, sondern Personen auch einige Meter weit schleudern können, behältst Du natürlich auch weiterhin die Absturzgefahr im Hinterkopf, vor allem, wenn Dein Rastplatz in der Nähe einer Kante liegt, oder steinschlaggefährdet sein könnte.
- Sind Blitz und Donner weniger als zehn Sekunden auseinander, besteht absolute Lebensgefahr. Spätestens jetzt solltest Du nicht mehr weitergehen, sondern eine sichere Position einnehmen: Stelle Dich auf Deinen Rucksack (und/oder auf ein Seil), das bietet etwas mehr Schutz und bringt Dich vom feuchten Untergrund weg. Stelle Deine Füße eng zusammen, gehe in die Hocke und schlinge Deine Arme eng um die Knie – mach Dich möglichst klein und kompakt. Nicht nur wegen Deiner Größe im Gelände, sondern auch, um die Schrittspannung möglichst gering zu halten. Keine Gefahr besteht mehr, wenn Du für mindestens 30 Minuten keinen Donner mehr gehört hast.
Wichtig: Bewahre immer einen kühlen Kopf
Gewitter sind schlimm, ja, und die Bedrohung durch Blitze real. Und natürlich sterben immer wieder Menschen an der Naturgewalt oder ziehen sich schlimme Verletzungen zu. Allerdings: Gewitter sind angsteinflößend und es kann deshalb sehr schnell passieren, dass man ob der Gewalt über seinem Kopf selbst kopflos agiert. Wer dann zu übereilt und unkonzentriert handelt oder sich zu schnell in schwierigem Terrain bewegt, bringt sich und die Gruppe ebenfalls in eine gefährliche Situation.
Das kann durch ein einfaches Umknicken passieren, durch das man nicht mehr oder nur noch sehr langsam voran kommt und vielleicht sogar gestützt werden muss. Es kann aber auch zu einem (Ab)sturz kommen. Die Wahrscheinlichkeit steigt, wenn durch Regen die Wege und Felsen rutschiger werden.
Darum der Tipp: Gut kalkulieren, Checkpunkte und Alternativen einplanen, rechtzeitig umkehren und – falls es gar nicht anders geht – lieber das Gewitter in ungemütlicher aber halbwegs sicherer Position ausharren. Ein Blitzschlag ist nicht automatisch ein Todesurteil – ein tiefer Absturz auf einem Grat hingegen oftmals schon.
Weitere Infos
- Wenn Du mehr über Gewitter und Wetter speziell in den Bergen wissen möchtest, dann sei Dir das Buch „Bergwetter“ von Wetterkoryphäe Karl „Charly“ Gabl empfohlen. Bruckmann-Verlag, etwa 10 Euro.
- Im Web liefert besonders die Webseite ‚Vor Blitzen schützen‘ wertvolle Tipps zum Thema Blitze. Sie wird vom VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.) betreut.